Sandra mit Gnocchi
31J alt
Erstdiagnose 2011
5 Lapraskopien
Tiefinfiltrierende Endometriose
Bauch- und Rückenschmerzen
Erbrechen
Durchfall
Krämpfe
Zurzeit Therapien: Akupunktur, Phytotherapie, Ernährung
Im Berufsleben. 100% selbstständig
Hobby: Hundesport, Familie/Freunde, Natur, Basteln, Joggen mit Gnocchi
Seit meiner ersten Periode mit 13 Jahren kämpfte ich mit sehr starken Schmerzen. Die Frauenärztin hat mir deshalb gleich die Pille verschrieben und sagte mir mit dem wird’s besser. So nahm ich während meiner ganzen Pubertät bis 21 Jahre alt die Pille wegen den Schmerzen und musste doch oft während meiner Periode sehr viele Schmerzen ertragen und viele Schmerzmittel schlucken. Es war jedoch einfach „normal“ – da ich ja nie etwa anderes kennengelernt hatte.
Mit 21 Jahren wurde ich vom Krankenwagen abgeholt, nachdem ich die Pille vor einem Monat endlich abgesetzt habe. Bin zusammengebrochen, Unterleibsschmerzen während meiner Periode waren unerträglich. Eine Nacht stationär ins Spital, nach Hause geschickt mit: Ich habe einfach stark meine Tage. Mittwoch ins Spital für Spirale, wieder für Schmerztherapie. Nächsten Morgen wieder ins Spital für Spirale rausriss nach erneutem Zusammenbruch. Schmerzen hörten dennoch nicht auf. Verdacht Blinddarmentzündung, wieder stationär. Verdacht Blasenentzündung. Gewinnung reiner Urin via Katheter durch die Harnröhre im vollen Bewusstsein. Dann Verdacht Nierensteine. Mehrmaliges Beine spreizen für vaginale Untersuchung. Stets mehrere Assistenzärzte vorhanden. Schamgefühl. Gefühl von Simulation. Gefühl von nicht ernst genommen werden. Austrittsformulare hingelegt plus Mediliste. Mutter für mich eingestanden, so dürfte ich doch nicht nach Hause geschickt werden?! CT mit oraler und analer Flüssigkeitsgabe. Völlig entkräftigt von der ganzen Woche. Glauben an mich selbst und mein Schmerzempfinden wird immer mehr zerrüttelt. CT unauffällig. OP am nächsten Tag. Endlich Diagnose Endometriose, geweint vor Erleichterung, dass ich doch etwas habe! Mit der Pille die Periode unterdrücken, dann kann nichts mehr passieren...
Spital 4 Jahre später: Blinddarmverdacht, gleichzeitig Ultraschalluntersuchung Endo: kann keine sein, da ich keine Periode habe; mit Schmerzmittel nach Hause geschickt und mit Diagnose Gastritis! Zuhause eine Woche lang schlimme Schmerzen, keine Kraft für weitere Untersuchungen und diese erneute Blösse.
Zwei Wochen später Schmerzen wieder so enorm, dass ich nicht mehr aufrecht gehen konnte. Untersuch in einem anderen Spital, weitere 3 Assistenzärzte dabei bei der Ultraschalluntersuchung, enorme Schmerzen dabei. Wollten mich ohne Befund nach Hause schicken bis Chefarzt kam, der mich das letzte Mal operiert hatte. Einweisung am gleichen Abend. Erneute Op – wieder Endo.
Umstieg von der Pille zu Hormontherapie. Damit ist nicht mehr möglich Endo zu haben.
Ein Jahr später wieder solche starke Schmerzen, dass ich zum Gynäkologen ging. Ultraschalluntersuchung, kann keine Endo sein, da ich meine Periode unterdrücke. Nach Hause geschickt ohne Medis und wenn es nicht weg gehen würde, dann sei es Gastritis oder so und ich solle in den Notfall. Absolut abgekämpft zuhause geblieben und Schmerzen ausgehalten, weil ich wusste, auch dort werde ich nicht ernst genommen. Gynäkologenwechsel. Welcher das erste Mal mich ernst nahm. Bei der Untersuchung in Tränen ausgebrochen. Das erste Mal gehört, dass man Endo trotz keiner Periode haben kann. Das mein Schmerz wahr und echt ist. Das ich mir das nicht einbilde. Das man Endo nicht im Ultraschall sehen kann. Das ich selbst abschätzen soll ob ich das Risiko der OP mit Neuverwachsungen durch Narbengebilde auf mich nehme oder ich die Schmerzen aushalten möchte.
Ein Jahr später kurz vor den Ferien wieder solche Schmerzen dass ich beim Arzt war. Dritte OP im Mai 2018. Alles voller Endoherde und Verwachsungen.
2 Jahre später 2020 erneute Op inkl. Blinddarmentfernung. Zwei Wochen später erneute Op wegen beidseitigem Leistenbruch.
Nun seit 3 Monaten das erste Mal hormonfrei seit 18 Jahren und unheimlich stolz!
Das Schlimmste für mich ist das nicht ernst nehmen und die Unwissenheit vieler Ärzte. Diese vielen unnötigen Untersuchungen und Fehldiagnosen. Das man nach Hause geschickt wird und keine Besserung in Sicht ist. Diese Hilflosigkeit, dieses nicht ernst genommen fühlen und das einhergehende Denken, dass man selbst einfach spinnt. Das ich seit ich 21 Jahre alt bin das Gefühl nicht weg bekomme, dass ich mir ja alles einbilde. Und ich psychische Probleme habe, weil ich darauf beharre, dass es wirklich schmerzt. Diese Unsicherheit ob sie vielleicht recht haben. Und je öfters das vorkommt desto mehr ich an mir selbst zweifle. Das nicht annehmen können, dieser Schmerz, weil ich ihn mir wahrscheinlich ja sowieso nur einbilde. Als würde man bei solchen Schmerzen noch die Kraft haben für sich selbst einzustehen und sich stark zu machen. Man hat keine Kraft in solchen Momenten! Man ist wie ein kleines zerbrechliches Kind das Hilfe braucht, aber niemand nimmt es wahr. Dass es durch diese vielen Spitalärzten, Krankenschwestern, Gynäkologen dieses Trauma der fälschlicher Eigenwahrnehumng des Körpers sich so weit ausgebreitet hat, dass ich mich bei jedem Schmerz hinterfrage, ob der echt ist. Dass man Erleichterung empfindet, wenn sie etwas finden. Weil man dann weiss man hat es sich nicht eingebildet. Es darf nicht sein dass man Erleichterung empfindet, wenn man eine chronische Krankheit hat! Es darf nicht sein, dass Ärzte Sachen erzählen, wie mit Cerazette und Visanne kann man keine neuen Endoherde kriegen! Ich bin der lebende Beweis. Seit fast 10 Jahren hatte ich meine Periode nicht mehr, nie eine Schmierblutung, gar nichts. Keine Reinigung konnte in mir stattfinden, weil die Angst, das abzusetzen so enorm war, da ich selbstständig bin und es mir nicht leisten kann, jedes Mal zu fehlen, wenn die Schmerzen kommen. Auch die Erwartungshaltung von unserer Gesellschaft. Die Vermittlung von Perfektion. Das Gefühl funktionieren zu müssen, sonst ist man schwach. Die eigene Meinung in dem Bereich zu ändern. Zu akzeptieren, dass man manchmal einfach nicht KANN.
So schwierig dieses Thema für mich ist... Ich bin mir sicher, dass es mir besser geht, wenn ich es aus der positiven Perspektive anschaue. Ich geniesse schmerzfreie Tage intensiver. Ich nehme nichts für selbstverständlich an. Ich kann mich an einem Schmetterling erfreuen, wie er frei ist und tanzen kann und hole mir ein solches Bild hervor, wenn ich im Bett liege und mir am liebsten die Eingeweide rausreissen möchte, da ich überzeugt bin, dass das angenehmer wäre. Die kleinen Dinge schätzen. Yoga. Gesundes Essen. CBD. Einen Kuss. Ein liebes Wort.
Es ist so wichtig, an sich selbst zu glauben und sich selbst zu vertrauen, dass das was man fühlt echt ist. Nicht so schnell zweifeln. Nicht so schnell sich selbst verurteilen. Nicht so schnell sich abwenden. Sich mit sich selbst auseinanderzusetzen, Hilfe annehmen von Leidensgenossinnen, Familie und Freunden. Sich wahrnehmen.
Die Endo nicht als Feind anzuschauen, sondern lernen mit ihr zu leben. Im gleichen Haushalt sozusagen. Es ist auch ein Warnsignal, wenn ich bei der Arbeit zu gestresst bin, oder wütend bin und mich selbst verliere. Meist dann kommen diese Schübe. Und sie zeigen mir vorallem eins: Achtung du bist nicht geerdet, du leistest gerade zu viel, du bist nicht in deiner Mitte. Nicht bei dir. Körper JETZT runterfahren. Und das hilft. Weil dagegen anzukämpfen bringt mich nicht weiter. Sie ist nun mal jetzt einfach da und gehört zu mir. Es liegt an mir was ich daraus mache.